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Nioh

Nioh angespielt

Dark Souls-Liebhaber Stefan sehnt sich nach einer ordentlichen Herausforderung. Mit Nioh bietet uns Team Ninja exklusiv auf der PS4 genau das.

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Wieso sind manche Videospiele so schwer? Scheitern ist kein gutes Gefühl und es macht doch auch keinen Spaß, einen Abschnitt ständig wiederholen zu müssen. Mit so starken Gefühlen wie Enttäuschung, Frustration oder sogar Wut zu hantieren, es ist ein sehr gefährliches Treiben. Nicht zuletzt deshalb ist das Thema Schwierigkeitsgrade in Videospielen so kompliziert. Es gibt aktuell viele Titel, die einen gehobenen Anspruch geltend machen und damit sehr erfolgreich laufen. Es gilt gemeinhin als schick, Spielern eine Herausforderung zu bieten. Doch manchmal überreizen Entwickler diese ihnen von Spielern entgegengebrachte Opferbereitschaft, Darkest Dungeon ist ein gutes Beispiel dafür. Und nach meiner Anspielpräsentation würde ich auch Nioh in diese Kategorie einordnen.

Die Story von Nioh spielt im Japan des 16. Jahrhunderts. Protagonist William ist der erste westliche Samurai überhaupt und stellt sich einer zerstörerischen Dämonenplage, die das Land heimsucht. Die Erzählung ist inspiriert von realen Personen und Orten, baut lose auf den Ereignissen der Vergangenheit auf. Ob die Qualität der Geschichte letztlich überzeugt, das lässt sich nach der kurzen Anspielsession leider nicht sagen. Der Fokus der Präsentation lag nämlich vor allem auf der generellen Spielerfahrung und insbesondere dem Kampfsystem. Wer mehr über William und seine Rolle im Kampf gegen die gefährlichen Dämonen erfahren möchte, muss sich noch ein paar Wochen bis zum Launch am 9. Februar gedulden.

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Die Kampfhaltungen (Stances) beeinflussen Schnelligkeit und Schaden der Schläge, unabhängig davon, mit welcher der vielen Waffen wir den Helden William ausstatten.
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Ähnlich wie die Geschichte ist auch das Design der dämonischen Gestalten zum Teil auf beliebte Überlieferungen und Volkserzählungen zurückzuführen. Die übernatürlichen Kreaturen werden Yokai genannt und haben unheimliche Kräfte, gegen die kein normaler Sterblicher besteht. In Nioh wird das unter anderem durch einen arg straffen Schwierigkeitsgrad untermalt, aber natürlich ist die gestellte Umgebung eines Medien-Events nicht mit der zu Hause auf dem Sofa vergleichbar.

Das Gameplay von Nioh ähnelt dabei wirklich sehr stark dem von Dark Souls. Es gibt Ninja-Skills, die den Einsatz charakterbasierter Fähigkeiten freischalten. William nutzt diese Fertigkeiten, um gegnerische Angriffe mit Schubsern oder leichten Tritten zu unterbrechen und in letzter Sekunde einem womöglich vernichtenden Angriff zu entgehen. Waffen dürfen mit Elementen und Magie bestrichen werden, um mehr Schaden auszuteilen und kleinere Nebeneffekte auszulösen. Gesammelte Ingame-Währung investieren wir am Schrein, um Stufen aufzusteigen und unseren Charakter zu individualisieren. Wird der Schrein betreten, erscheinen alle bisher besiegten Gegner neu - und das bedeutet eine Menge Ärger.

Im Grunde enden damit aber die Parallelen zu den Action-Rollenspielen von From Software, denn Nioh besitzt eine Menge eigener Feinheiten. Das offensichtlichste Merkmal in den Scharmützeln sind die Kampfhaltungen, die Stances. Diese beeinflussen Schnelligkeit und Schaden der Schläge, unabhängig davon, mit welcher der vielen Waffen wir William ausstatten. Zwischen den vier Schwerthaltungen wechseln wir nicht sofort, deshalb ist es keine schlechte Idee, etwas Raum zwischen den Helden und seine Gegner zu bringen, bevor wir das angehen.

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Ein nicht unwesentlicher Anteil der Spielzeit besteht darin, neue Ausrüstungsgegenstände zu finden und diese miteinander zu vergleichen.

Das Kampfsystem von Nioh erinnerte mich anfangs stark an die Hit'n'Run-Strategie von Dark Souls, allerdings nutzt Team Ninja einen eigenen Twist und bringt damit viel mehr Tempo ins Spiel. Wenn wir eine Angriffsserie ausführen, verliert William ein Stück seiner Ausdauer. Die Energie ist jedoch nicht gänzlich verschwunden, sie tritt lediglich aus seinem Körper aus. Wer sich im richtigen Augenblick sammelt, materialisiert diese Energie zurück und verliert folglich keine Ausdauer. Dieses Feature erfordert volle Konzentration, denn wir müssen das sehr kleine Zeitfenster zwischen einem erfolgreichen Treffer und der Reaktion des Feindes treffen. Wem das gelingt, der tänzelt weiter mit tödlichen Schwerthieben um den Gegner herum. Doch wer das falsche Timing an den Tag legt, verliert fast immer deutlich mehr als nur ein paar Ausdauerpunkte.

Nioh unterschiedet sich in Hinsicht der Waffenvielfalt deutlich von vergleichbaren Spielen. Ein nicht unwesentlicher Anteil der Spielzeit besteht darin, neue Ausrüstungsgegenstände zu finden und diese miteinander zu vergleichen. Gegner lassen bei ihrem Ableben Waffen und Rüstungsteile fallen, die unterschiedliche Werte haben und in verschiedenen Seltenheitsgraden aufgeschlüsselt werden. Das Thema Loot wird in Nioh auf jeden Fall sehr groß geschrieben. Eine Inventarbeschränkung habe ich nicht bemerkt, am Schrein darf man überflüssige Ausrüstung als Opfer darbieten, um Erfahrungspunkte und mehr zu erhalten. Übrigens levelt jeder Waffentyp eigenständig, Fertigkeitspunkte dürfen wir in Verbesserungen des gewählten Waffensets investieren, um neue Angriffskombos freizuschalten

Im Gegensatz zu Spielen wie Salt and Sanctuary oder Lords of the Fallen ist es in Nioh jedoch offenbar nicht vorgesehen, an Gegnerhorden vorbeizurennen. Viele Feinde sind gruppiert und stehen nicht weit voneinander entfernt. Das Leveldesign der Anspielmissionen umfasst enge Pfade und viele tückische Stellen, die mit breiten Feinden zugepflastert werden, an denen im wahrsten Sinne des Wortes kein Weg vorbei führt. Viele Widersacher verfolgen William zudem sehr weit und die Ausdauerleiste ist schließlich begrenzt. Für mich funktionierte es am besten, langsam und überlegt in die Schlacht zu ziehen und mit Fernkampfwaffen und Bomben größere Truppen auszudünnen. Nioh jedenfalls bestraft übereilte Aktionen immer.

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Ich mag eine gute Herausforderung, doch nach dem, was ich erlebt habe, wird mir sehr mulmig zumute, wenn ich an Nioh denke.

Die PvP-Komponente wird erst als kostenloses Update nachgereicht, bislang dürfen wir nur gegen computergesteuerte Versionen von Spielercharakteren antreten. Diese werden herbeigerufen, sobald wir die im Boden steckenden Schwerter berühren, die man überall in der Welt findet. Diese Stellen markieren den Ort, an dem ein fremder Spieler gestorben ist. Wird ein solcher rachsüchtiger Geist besiegt, erhalten wir Rufpunkte. Auch ein Season Pass wurde bereits angekündigt, er wird drei DLC umfassen. Das Spiel wird also auch nach dem Launch noch eine Weile unterstützt.

Auf dem Papier überzeugt mich Nioh total. Es ist ein Action-Rollenspiel im Stil von Dark Souls mit japanischer Machart und Motiven. Team Ninja hat in der Vergangenheit unter anderem mit der Ninja Gaiden-Reihe bewiesen, dass sie bockschwere Kaliber entwerfen, die eine ganz bestimmte Klientel ansprechen. Ich mag eine gute Herausforderung, doch nach dem, was ich erlebt habe, wird mir sehr mulmig zumute, wenn ich an Nioh denke. Ich hoffe inständig, dass die Entwickler eine nachvollziehbare Lernkurve entwerfen und das Action-Rollenspiel genügend Antrieb entwickelt, damit es sich lohnt, sich durch die grandios gestalteten Yokai zu beißen.

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